Jörg Stamm: 52-Meter-Bambusbrücke in Pereira
Eine 40-Meter-Brücke steht in Pereira und wurde im Rahmen eines Bambus-Seminares errichtet.
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Jörg Stamm veranstaltete in Kooperation mit der deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) und deren Partneruniversität in Pereira einen praktisch-theoretischen Brückenbaulehrgang für Architekten, Ingenieure und Handwerker, in dem eine 40 Meter überspannende Fußgängerbrücke über eine doppelspurige Autostraße realisiert werden sollte. Die Konstruktion baute auf einem Entwurf des Schweizer Zimmermanns „Grubenmann“ aus dem Jahre 1734 auf!
Diese Brücke hier (Liceo Frances, Pereira) mit einer Spannweite von 52 m ist die größte von Jörg Stamm realisierte Brücke. Wie bei der während des Bambusseminars entstandene Brücke bilden zwei aus je 12 Bambushalmen gebündelte Druckbögen das Haupttragelement. Obwohl die immense Horizontalkraft des sehr flachen Bogens die Fundamente einige cm nach außen drückte, steht die Brücke nach wie vor und wird, nachdem einige Stellen verstärkt wurden, auch wieder genutzt.
Brücke von Coquiyo
Ein Erdbeben in der Nähe vom „Nevado del Huila“ im Juni 1994, nach Monaten starker Regenfälle, verursachte eine Schlammwelle von ca. 20 m Höhe, die im Tal des Flusses Paez hinabging. Diese war für den Tod von 2000 Menschen verantwortlich, 120.000 wurden obdachlos und waren ohne Einkommen. Es mussten also in kürzester Zeit Häuser, Straßen und viele Brücken gebaut werden. Sehr bald nach den ersten Hilfsmaßnahmen begann eine Regierungsorganisation (von den Indios NASAY KIWE = unser Land genannt) mit dem Wiederaufbau dieses Gebietes. In weniger als einem halben Jahr waren allerdings die natürlichen Materialien durch die Aufbauwelle im Gebiet Paez bis fast nach Tierradentro verbraucht. Glücklicherweise begannen anschließend Wiederaufforstungsprogramme und andere Anstrengungen, um das ökologische System dieses Gebietes zu erhalten. Als nun der Direktor der NASA KIWE, der Umweltexperte Gustavo Wilches und sein Ingenieur Victor Jose Gomez über den Wiederaufbau diskutierten, forderten sie eine Brücke und entschieden sich für das Projekt von Jörg Stamm, der eine überdachte Brücke aus Bambus geplant hatte. Die einzige Bedingung war die Erstellung eines Kostenvergleichs mit einer Metallbrücke. So fuhr Jörg Stamm zum Institut für Leichtbau „Frei Otto“ in Stuttgart. Hier traf er auf kompetente Ansprechpartner zum Thema Konstruktion mit Naturfasern. Jedoch verwies man ihn für die Statik der Konstruktion an Prof. Führer der RWTH Aachen. Hier war man in der Lage, in nur 3 Tagen die Forschungen und einige Empfehlungen, Grafiken und Kalkulationen zu präsentieren. Anschließend kehrte Jörg Stamm nach Kolumbien zurück, unterzeichnete den Vertrag.
Ein Problem, was den Bambusbau noch behinderte, war die Tatsache, dass es wenige wissenschaftliche Studien und Erfahrungswerte zu diesem Material gab. Somit war eine statische Berechnung, die von den Planungsbehörden gefordert wird, schwerer zu erbringen als für üblichere Materialien. Auch auf diesem Gebiet engagiert sich Jörg Stamm und untersuchte das Lastverhalten eines kompletten Bambusbinders an seiner Brücke.
Ergebnisse:
- bei der Aufbringung des Betonbelages entstand eine verteilte Last von 20 Tonnen auf einer Strecke von 40 m. Unter dieser Belastung senkte sich der Binder um lediglich 4 cm.
- bei asymmetrischer Lasteinfuhr eines 3 Tonnen Lasters auf dem ersten Drittel der Brücke, gibt der Binder nur 3,5 mm nach.
Exakte Tests wurden hier allerdings nicht durchgeführt, aber lassen diese statischen Tests schnell erkennen, dass die Fasern des Guadua Bambus ein ernstzunehmender Konkurrent für manch andere „innovative“ High-tech-Fasern ist.
Fotos: Jörg Stamm