Wie unsere Nachbarn sprechen - Wendsches Platt

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Wie unsere Nachbarn sprechen - das Wendsche Platt

Der Heimatverein für das Drolshagener Land hatte für den 20. November 2024 zum Start einer neuen Vortragsreihe ins Heimathaus eingeladen. In dieser Veranstaltung und den folgenden Vorträgen, Gesprächen und musikalischen Beiträgen wird es in einer kurzweiligen, authentischen und fundierten Weise darum gehen, die Besonderheiten unserer Mundarten zu analysieren und sie erlebbar zu machen. Dazu werden auch Personen zu Wort kommen, für die auch heute noch ihre Mundart Alltagssprache ist.


Text der Einladung

Gestartet wird mit dem Wendschen Platt, einer besonderen niederdeutschen Reliktmundart, die zwischen dem westfälischen Sauerländischen und dem moselfränkischen Siegerländisch ihre Eigenheiten und ihren Charakter als niederfränkische Sprache bewahrt hat.
Neben dem Referenten des Heimatvereins Walter Wolf, der als aus dem Wendschen stammender Drolshagener über Geschichte, Charakter und Besonderheiten des Wendschen Platt referiert, werden Karl Wurm (Wenden / Hünsborn), Astrid Stahl (Hünsborn) und Annemone Jänsch (Ottfingen) in den folgenden Gesprächen authentisch ihre ortstypischen und im Lebenslauf gewachsenen Beiträge zum und im Platt vorstellen. Gewonnen werden konnte auch Georg Schulte aus Wenden, der als Komponist des Kirmesmarschs und zuletzt mit seinem professionell geschriebenen und veröffentlichten Lied „Mij senn Wendsche“ einen wichtigen und mit großem Applaus auf der Kirmes vorgetragenen, wesentlichen Beitrag zu mundartlicher Musik geleistet hat. Beide Stücke wird er „life“ auf dem „Quätscheböidel“ (hochdeutsch: Akkordeon) darbieten. Er wird auch über den Stand der von ihm ins Leben gerufenen Handy-App zum Wendschen Platt berichten. Zudem werden die weiteren Aktionen des und im Wendschen Platt zu Worte kommen. Die Veranstaltung wird selbstverständlich auch für nicht Plattsprechende in Hochdeutsch stattfinden. Beginn ist um 19.30 Uhr, der Eintritt ist kostenfrei.


Rückblick auf den Abend

Trotz des plötzlichen Schneeeinbruchs am vergangenen Mittwoch hatten es sich eine Reihe Drolshagener und Wendener nicht nehmen lassen, zu der neuen Vortrags- und Unterhaltungsreihe des Heimatvereins für das Drolshagener Land „Wie unsere Nachbarn sprechen“ ins Heimathaus zu kommen. Dort erwartete sie ein unterhaltsamer und lehrreicher Abend zum Wendschen Platt.


Walter Wolf, der selbst aus dem Wendschen stammt und das außergewöhnliche Platt noch als Alltagssprache in Altenhof erfahren hatte, stellte zu Beginn in einem kurzen, fundierten Vortrag die Mundart in Geschichte, Struktur und in den Besonderheiten vor. Immer wieder ergänzt wurden die Ausführungen durch den Sprachkundler Karl Wurm aus Hünsborn, Mundartsprecher von Kindesbeinen an, der den sachlichen Ausführungen des Referenten anekdotisch und aus eigener Lebenserfahrung einen besonderen Charakter verlieh.
In einem anschließenden Rundgespräch zu einigen ausgewählten Punkten vertieften die beiden Referenten, die sich schon seit ihrer Kinderzeit kennen, die Einsichten in die außergewöhnliche niederfränkische Mundart.


Einen besonderen unterhaltsamen Wert bekam der Abend zusätzlich durch Georg Schulte aus Wenden, der auf dem Akkordeon drei seiner Kompositionen mit eigenen Texten im Wendschen Platt vorstellte. „Mij sinn Wendsche“ war das Bekenntnis zum Wesen des Wendschen, hier übersetzt: „Man sagt, was man denkt und tut, was man sagt“. Als er zum Schluss noch sein wunderbar emotionales Lied über seine „Omma“ vortrug, die er noch so viel hatte fragen wollen, waren manche Augen feucht.


An diesem Abend wurde deutlich, dass das Wendsche Platt eine außergewöhnliche Mundart ist, die eine niederdeutsche Variante des Moselfränkischen darstellt. Der Referent wies dies anhand vieler Beispiele auf, die eine Nähe zum Nordsiegerländischen aufweisen und die nirgendwo sonst im niederdeutschen Sprachbereich zu finden sind. Damit stellt das Wendsche Platt ein echtes Sprachfossil dar, das aber noch sehr lebendig ist. Das ist unter anderem auch, wie Georg Schulte im Rundgespräch zeigen konnte, in der Wendsche-Platt-App für das Handy zu erkennen, die geschriebene Wörter und Sätze im Platt mit echter Sprache hinterlegt. Georg Schulte ist der Arbeitskreisleiter, der mit der Gemeinde Wenden diese App ins Leben gerufen hat. Anfang des Jahres werden die von professionellen Softwareentwicklern erstellten ersten Schritte vorgestellt. Das Besondere an dieser App ist, dass jeder Wendsch-Platt Kundige an der Weiterentwicklung dieses digitalen Wörterbuchs durch eigene Sprachbeiträge mitwirken kann.


Der Abend war mit dem offiziellen Teil noch nicht zu Ende, sondern ging in der Gaststube des Heimathauses bis nach Mitternacht in Fachgesprächen und Anekdoten fröhlich und erkenntnisreich weiter. Wie schreibt Georg Schulte in seinem Lied - selbstverständlich in Platt? „Und wenn du richtig feiern kannst, bist du hier nicht verkehrt“.

Die Reihe wird im nächsten Frühjahr mit dem mitteldeutschen ripuarischen Dialekt des Eckenhagener Landes fortgesetzt.