Rainer Tump - Entwicklungspolitische Beratung
Liebe Dräulzer,
ich sitze gerade nicht in einer Strohhütte sondern in meinem Büro in Bielefeld. Ganz so weit von Drolshagen hat es mich also nicht verschlagen.
Warum ich dennoch unter der Rubrik "Drolshagener in aller Welt" auftauche liegt an meinem Beruf: ich nenne mich "entwicklungspolitischer Berater" und pendele als solcher regelmäßig zwischen Bielefeld und dem afrikanischen Kontinent.
Für deutsche und internationale Organisationen betreue ich dort Projekte der Entwicklungshilfe. In über 50 Einsätzen waren das so unterschiedliche Projekte wie der Aufbau von Saatgutbanken in Mosambik, die Wasserversorgung zwischen Namibia und Angola oder die Unterstützung der Friedensbemühungen im krisengeschüttelten Guinea-Bissau.
Wer jetzt auf dem Drehglobus suchen muss, wo diese Länder liegen, dem geht es nicht anders als mir damals. Bevor ich mich im Jahr 1987 auf ein Stipendium für einen sechsmonatigen Forschungsaufenthalt in Mosambik bewarb, suchte ich das Land im alten Diercke-Schulatlas vergeblich in der Nähe der anderen portugiesischen Kolonien im Westen Afrikas.
Angefangen hatte alles zwei Jahre vorher in Brasilien. Dort hatte ich ein dreimonatiges Praktikum bei Jesuiten in Salvador da Bahia gemacht. Auf der anschließenden Reise durch das Riesenland blieb ich auch eine Woche im Kloster von Pater Lauro Schwarte in Campina Grande. Zurück aus Brasilien stand mein Entschluss dann endgültig fest: ich wollte "irgendwas mit Entwicklungspolitik" machen. Das Studium der Soziologie an der Uni Bielefeld mit dem Schwerpunkt "Entwicklungsplanung und Entwicklungspolitik" schien mir dafür die ideale Ausgangsbasis zu sein. Dabei ließ ich mich auch nicht von Hubertus Halbfas, dem Vetter meiner Mutter, abhalten, der meinte, Soziologie sei doch eine brotlose Kunst.
Vermutlich liegen die Ursachen für mein ständiges Fernweh noch viel früher. Kann sein, dass das kleine rote Büchlein mit der Aufschrift "Romfahrt" meines Vaters daran nicht schuldlos war. Ein wesentlicher Grund für meine Berufswahl war ganz sicher meine Mitarbeit als aktiver KJG´ler bei der gemeinsamen Fastenaktion zu Südafrika von "Misereor" und "Brot für die Welt". Das muss um 1980 gewesen sein. Hier wurde ich zum ersten Mal mit dem Elend in den Homelands Südafrikas und der damaligen Politik der Apartheid konfrontiert. Besondere Brisanz erhielt die Fastenaktion dadurch, dass sich der damalige CSU-Vorsitzende Franz-Josef Strauss vehement gegen die Aktion wandte und von Misereor die Vernichtung aller Broschüren verlangte, weil die Apartheid-Politik Südafrikas mit ihren grausamen Folgen schonungslos aufgezeigt wurde. Wie in vielen anderen Gemeinden haben wir damals vorgesorgt, indem wir die Broschüren aus den Schriftenständen der Kirche holten und sie vor den Gottesdiensten verteilten.
Nach dem Studium der Soziologie arbeitete ich sechs Jahre für das "Welthaus Bielefeld" und den KoordinierungsKreis Mosambik. Schwerpunkte meiner Arbeit war die Betreuung von Schulpartnerschaften und Entwicklungshilfe-Projekten in Mosambik. Zu meiner Arbeit gehörten aber auch Projektwochen zu Afrika an Schulen in ganz Deutschland (darunter auch Lennestadt), die Organisation von Delegationen aus Mosambik oder die Begleitung der Rockgruppe BAP auf einer Solidaritätstournee zu Mosambik.
Im Jahr 1994 machte ich mich dann mit Frau und zwei kleinen Kindern auf nach Mosambik. Dort war ich zwei Jahre lang Regionalkoordinator eines Projekts der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) zur beruflichen Wiedereingliederung von ehemaligen Soldaten. Zurück in Bielefeld, wagte ich dann den Schritt in die Selbständigkeit zum "entwicklungspolitischen Berater". Am Anfang stand meine "Ich-AG" mit nur zwei Kunden auf recht wackeligen Beinen. Im Laufe der letzten Jahre habe ich aber für fast alle größeren deutschen und österreichischen Hilfsorganisationen Einsätze in Afrika gemacht. Dazu kommen Einsätze für die Europäische Union und andere internationale Organisationen sowie Studien für mehrere Stiftungen. Über fehlende Abwechslung kann ich mich dabei nicht beklagen. Hier einige Beispiele aus meiner Arbeit:
Projekt "Chimbângua" in Angola
5 Jahre nach dem Ende des Krieges in Angola steht der Wiederaufbau des zerstörten Landes immer noch im Vordergrund. In der Gemeinde Pambangala, im fruchtbaren angolanischen Hochland gelegen, unterstützen Brot für die Welt und die Diakonie Katastrophenhilfe gemeinsam ein Projekt zur ländlichen Entwicklung der lokalen Jugendorganisation "Associação Cristã da Mocidade". Seit 2003 wurden durch das Projekt vier zerstörte Grundschulen wieder aufgebaut und ein Basisgesundheitsdienst eingerichtet. Außerdem konnte die landwirtschaftliche Produktion durch die Wiedereinführung der Zugtieranspannung, verbessertes Saatgut und Getreidespeicher wieder angekurbelt. Ein großes Problem stellt immer noch die drohende Vertreibung der lokalen Bevölkerung durch in- und ausländische Großgrundbesitzer dar. Solche illegalen Landnahmen, wie sie in Nachbargemeinden wöchentlich stattfinden, konnten durch Aufklärung der Bevölkerung über das neue Landrecht und Rechtsbeistand bisher verhindert werden.
Projekt "PROMEC" in Mosambik
Seit 5 Jahren betreue ich das Projekt "PROMEC" in Mosambik. PROMEC steht für "Wirtschaftliche Förderung von Kleinbauern" und verfolgt das Ziel, die ländliche Bevölkerung der Provinz Sofala beim Anbau, der Verarbeitung und Vermarktung ihrer Produkte zu unterstützen. Das Projekt wird von der österreichischen Regierung finanziert und von Horizont3000dc durchgeführt. Das Projektpersonal besteht ausschließlich aus Mosambikaner/innen. Schwerpunkte des Projekts sind die Vermarktung von Sesam, Reis, Cashewnüssen, Trockenfrüchten und Kokosprodukten. Um die Fruchtbarkeit der meist sandigen Böden langfristig zu erhalten, wurde im Rahmen von PROMEC das Konzept "Conservation Agriculture" eingeführt. Zum Konzept gehört der Verzicht auf Brandrodung und das Umpflügen der Felder sowie die ganzjährige Bodenbedeckung mit Mulch, um die Erde vor dem Austrocknen zu schützen. Wegen der Erfolge wurde das Konzept von der Regierung übernommen und in großen Teilen Mosambiks umgesetzt.
Ist also alles perfekt als Globetrotter in Sachen Entwicklung? Nicht ganz. Die vielen Reisen sind nicht ganz einfach mit dem Familienleben zu vereinbaren. Oft sehen mich meine Frau und die beiden (mittlerweile 19 und 15 Jahre alten) Kinder nur für ein oder zwei Wochen, bis ich wieder abreisen muss. Die Reisen selbst sind nicht nur wegen der langen Flüge anstrengend, sondern vor allem wegen der meist furchtbar schlechten und holprigen Straßen. Dazu kommt, dass mich nach der langen Fahrt in ländlichen Gebieten meist ein notdürftiges Lager aus Stroh erwartet und nicht das ersehnte weiche Bett. Auch das Waschen mit Wasser aus Eimern oder im Fluss ist auf Dauer nicht immer nur romantisch. Trotz allem mag ich meinen Beruf und habe mich nie zurück an meinen Schreibtisch im Steueramt der Stadt Drolshagen zurück gesehnt. Wer sich für die Tätigkeit als "Entwicklungshelfer" interessiert oder weitere Informationen möchte, kann mich gerne ansprechen.
Für Interessierte hier einige interessante Internet-Seiten:
Meine Homepage: www.rt-consult.de
Die Homepage der AGEG Consultants, der Genossenschaft von Beratern für Entwicklungszusammenarbeit in Deutschland, der auch ich angehöre: www.ageg.de
Die Homepage meiner "neuen Heimat", dem Welthaus Bielefeld, für das ich ehrenamtlich arbeite: www.welthaus.de
Ebenfalls ehrenamtlich bin ich Redakteur des Mosambik-Rundbrief. Eine Leseprobe gibt es unter:
www.kkmosambik.de
Die Mosambik-Seite für Schüler/innen findet ihr unter www.der-schlaue-hase.de
Wer sich für einen Freiwilligendienst in einem Entwicklungsland interessiert, bekommt hier erste Informationen:
www.internationale-freiwilligendienste.org
Wenn ihr im Studium oder in der Berufsausbildung seid, könnt ihr ein Stipendium für ein Praktikum im Ausland bekommen. Infos gibt es unter
www.asa-programm.de